Evangeliumsschriften

Wir wissen, dass die Bibel, das Wort Gottes, von Gott mit aller Autorität an den Menschen gerichtet ist. So ist der Mensch dafür verantwortlich, sie zu ehren, sie zu lesen, aus ihr zu lernen und ihr zu gehorchen. Aber weil es das Wort Gottes ist, das von einem unendlichen Gott kommt und die mit Ihm verbundene Wahrheit vermittelt, gibt es zwangsläufig vieles im Wort Gottes, das jenseits der Vernunft liegt. Paulus sagt uns: "Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, ... weil es geistlich beurteilt wird" (1 Kor 2,14). Aber der Geist Gottes ist in der Lage, das Wort Gottes auf unsere Herzen und unser Gewissen anzuwenden, zunächst, um uns spüren zu lassen, dass wir einen Retter brauchen, und dann, nachdem wir gerettet sind, um es zu benutzen, um uns Christus groß zu machen.

Das Verständnis des Wortes

Im Alten Testament war vieles noch unverständlich, selbst für diejenigen, die wirklich neues Leben hatten. Das galt auch für diejenigen, die inspiriert wurden, das Wort zu niederzuschreiben. Als sie um mehr Licht baten, wurde ihnen gesagt, dass das, was sie geschrieben hatten, für einen zukünftigen Tag bestimmt war - den Tag, an dem wir jetzt leben (siehe 1 Petrus 1,11-12). Im Licht des Neuen Testaments ist das Alte Testament klarer geworden, denn alle Ratschlüsse Gottes sind nun offenbart. Es gibt jedoch Tiefen der Wahrheit im Wort Gottes, die nicht vollständig erforscht werden können, auch nicht in einem ganzen Leben. Dennoch möchte Gott, dass wir an diesem Tag Seiner Gnade zunehmen "zur Erkenntnis des Sohnes Gottes" (Eph 4,13) und "in aller Weisheit und geistlichem Verständnis" (Kol 1,9). Zu diesem Zweck hat Er nicht nur jedem wahren Gläubigen den Geist Gottes gegeben, sondern auch der Versammlung solche mit besonderen Gaben geschenkt "zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi" (Eph 4,12). Wir tun gut daran, diese Gaben für die Versammlung nicht zu vernachlässigen, während wir gleichzeitig unsere eigene Verantwortung empfinden, Gottes Wort zu lesen und darüber nachzudenken.

Bibelkommentare

Eine der Möglichkeiten, wie wir diese Gaben nutzen können, ist das Lesen von schriftlichen Kommentaren zum Wort Gottes. Während viele Bücher in dieser Richtung geschrieben wurden, haben Gläubige auch sogenannte "Studienbibeln" für sich entdeckt. Streng genommen könnte sich der Begriff "Studienbibel" lediglich auf eine Übersetzung beziehen, die das Studium der Bibel erleichtert. Meistens ist damit jedoch eine Bibel gemeint, die mit Anmerkungen und anderen Merkmalen versehen ist, die dem Leser das Studium des Textes ermöglichen. Diese können eine Hilfe für das Verständnis der Heiligen Schrift sein, wobei sie natürlich kein Ersatz für die persönliche Betrachtung sind. Wie bereits erwähnt, ist jedem wahren Gläubigen der Heilige Geist innewohnend, der dazu da ist, "euch in alle Wahrheit [zu] leiten" (Johannes 16,13).

Studienbibeln

Obwohl es in den letzten 20-25 Jahren eine enorme Verbreitung von Studienbibeln gegeben hat, ist das Konzept nicht neu. Schon zur Zeit der Reformation und sogar noch davor stellten Bibelübersetzungen wie die von William Tyndale die Lehren der römisch-katholischen Kirche in ihren Anmerkungen in Frage. Die Genfer Bibel (um 1560) betonte die Lehren von Johannes Calvin und versuchte ebenfalls, die römisch-katholische Lehre größtenteils zu widerlegen. Die King-James-Bibel (1611) hatte keine Anmerkungen und war mehr als dreihundert Jahre lang die anerkannte Übersetzung, aber vor etwa hundert Jahren begannen wieder Studienbibeln zu erscheinen. Die bekannteste dieser Bibeln ist wahrscheinlich die Scofield-Bibel, die ziemlich umfangreiche Anmerkungen enthält, die eine dispensationale Sicht der Schrift befürworten. Etwa zur gleichen Zeit erschien die Referenzbibel von F. C. Thompson, die lehrmäßig objektiver war. Doch ab den 1990er Jahren kam es zu einer regelrechten Explosion von Studienbibeln. Einige davon standen in Verbindung mit prominenten Namen wie John F. MacArthur und Charles Ryrie, während andere mit Verlagen wie Zondervan und Thomas Nelson verbunden waren. Wieder andere wurden mit Blick auf bestimmte Gruppen und zur Lösung spezifischer Probleme herausgegeben, wie die "NIV Women's Devotional Bible" von Zondervan und die "The Life Recovery Bible" von Tyndale. Es erübrigt sich zu sagen, dass die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten verwirrend sein kann.

Lehrmäßige Fragen

Zwei Dinge wären für eine gute Studienbibel notwendig: (1) eine gute wörtliche Übersetzung und (2) Anmerkungen, die die ganze Wahrheit Gottes herausstellen. Hier beginnt die Schwierigkeit. Die meisten Studienbibeln verkörpern nämlich sowohl in der Übersetzung als auch in den Anmerkungen die geistliche Voreingenommenheit des Autors. Die Anmerkungen in der Genfer Bibel lehren die calvinistische Lehre, und sie enthalten ziemlich stark formulierte und fehlerhafte Interpretationen der Offenbarung. Andere Studienbibeln unterstützen irrige Systeme wie die Bundestheologie (Rekonstruktionismus) oder charismatische Praktiken, und die liberalsten stellen sogar die volle, vollständige Inspiration der Heiligen Schrift in Frage.

Wo bleiben wir also? Es sollte klar sein, dass große Vorsicht geboten ist, bevor man eine Studienbibel benutzt, denn einmal gelernte Fehler sind oft schwer wieder zu verlernen. Auf der anderen Seite lehren einige dieser Studienbibeln eine Menge Wahrheit, wie zum Beispiel die bereits erwähnte Geneva Bible. Sie war wahrscheinlich die erste Bibel in englischer Sprache, die weithin verwendet wurde, und sie war von unschätzbarem Wert, bis die King James Version mehr als fünfzig Jahre später erschien. Die Gefahr besteht darin, dass, wenn eine große Menge an Wahrheit mit einer kleinen Menge an Irrtum vermischt wird, das Gewicht der Wahrheit dazu neigt, den Irrtum zu unterstützen, und weil der Leser überrumpelt wird, wird der Irrtum als Wahrheit akzeptiert. In einer Welt, in der jeder "Wind der Lehre" (Eph 4,14) weht, müssen wir ständig auf der Hut sein und die Ermahnung unseres Herrn beherzigen: "Sehet nun zu, wie ihr höret" (Lk 8,18).

Gute Übersetzungen

Die besten Übersetzungen sind die, die von solchen gemacht wurden, die in der Furcht Gottes und in der ganzen Wahrheit Gottes wandelten. Reine Gelehrsamkeit ist zwar höchst wünschenswert, reicht aber nicht aus, um eine genaue Übersetzung der Heiligen Schrift zu gewährleisten. Ebenso müssen wir bedenken, dass "daß keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist." (2 Petrus 1,20). Das heißt, kein Teil des Wortes Gottes kann unabhängig von seiner Beziehung zum Ganzen der Schrift ausgelegt werden, denn "alle Schrift ist von Gott eingegeben" (2 Tim 3,16). Das Wort Gottes fügt sich zu einem vollständigen Ganzen zusammen; wenn es richtig ausgelegt wird, ist alles in völliger Harmonie. Ebenso sind die besten Anmerkungen diejenigen, die von Männern geschrieben wurden, die die ganze Wahrheit Gottes in sich aufgenommen haben und in ihr wandeln, im Gegensatz zu denen, die mit dem kirchlichen Irrtum verbunden sind. Wir können niemals "den ganzen Ratschluss Gottes" (Apostelgeschichte 20,27) von denen lernen, die nicht in ihm wandeln.

Die richtige Herangehensweise

Dies wirft einen letzten Punkt auf. Brauchen wir überhaupt eine Studienbibel? Ich würde sagen, dass sie trotz ihrer Nützlichkeit dazu neigen können, dass man sich auf diese Anmerkungen verlässt, anstatt dem Wort Gottes zu erlauben, direkt zu uns zu sprechen. Ein alter Bruder gab einmal einen guten Rat, den ich weitergeben möchte. Er sagte: "Lies das reine Wort Gottes für Dich allein; dann denke darüber nach und formuliere Deine eigenen Gedanken dazu. Danach wende dich an eine gute, zuverlässige schriftlichen Betrachtung und lese den entsprechenden Abschnitt. Wenn es mit Deinen eigenen Gedanken übereinstimmt oder sie erweitert, ist das gut. Wenn nicht, geh auf die Knie und bitte den Herrn, Dir zu zeigen, was richtig ist." Da ich diesen Ansatz seit vielen Jahren praktiziere, kann ich bezeugen, dass er tatsächlich funktioniert.

Für den ernsthaften Studenten des Wortes Gottes ist J. N. Darbys Übersetzung [Anm. des Übersetzers: Der Verfasser bezieht sich auf die englische JND Übersetzung. Im Deutschen entspräche diese der unrevidierten Elberfelderübersetzung, an welcher JND auch mit beteiligt war] mit ihren Anmerkungen unübertroffen, wenn es darum geht, die Bedeutung der Heiligen Schrift zu erhellen. Die Anmerkungen vermitteln keine Lehrmeinung, sondern versuchen vielmehr, die Bedeutung des Textes deutlich zu machen.

Als Kommentar ist J. N. Darbys Synopsis unübertroffen, was die klare und verlässliche Auslegung des Wortes Gottes angeht. Manchmal sind die Sätze schwer zu verstehen, aber die Zeit, die man in die Lektüre investiert, wird sich lohnen. Außerdem kann man die Synopsis nicht lesen, ohne das Wort Gottes gelesen zu haben und zu kennen, denn die ständigen Zitate aus der Heiligen Schrift und die Verweise darauf sind so gestaltet, als ob der Leser die betreffende Stelle bereits gut kennt. Wer sie nicht kennt, ist gezwungen, sie nachzuschlagen, und so wird der Leser immer wieder auf das reine Wort Gottes verwiesen, das "das lebendige und bleibende Wort Gottes" (1 Petr 1,23).

Wir betonen, dass diese abschließende Bemerkung nicht dazu gedacht ist, von der Verwendung von Studienbibeln abzuraten, sondern lediglich darauf hinzuweisen, dass sie nicht wirklich notwendig sind, um die Heilige Schrift zu verstehen. Wenn wir uns veranlasst fühlen, eine Studienbibel zu benutzen, sollten wir einerseits die möglichen Fallstricke bedenken und andererseits nicht vergessen, dass kein Kommentar ein Ersatz für das reine Wort Gottes ist.




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